Offener Brief an Rainer Walleser, Abteilungsleiter Kultur im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg

Veröffentlicht am: 12. März 2020

Corona-Virus bedroht Existenzen von soziokulturellen Zentren und Festivals in Brandenburg

Sehr geehrter Herr Walleser,

Die Landesarbeitsgemeinschaft LAG Soziokultur Brandenburg ruft die Brandenburger Politik und Verwaltung auf, schnelle, unbürokratische und verlässliche Hilfen für die soziokulturellen Zentren und den in Planung befindlichen Sommerfestivals in Brandenburg zu gewähren.

Die Mitglieder der in der LAG Soziokultur Brandenburg organisierten Zentren sind in ihrer anteilsgeförderten Finanzierungsstruktur zwingend auf Eigenmittel durch Eintritte, Gastronomie sowie Kurs- und Seminargebühren angewiesen, um ihre laufenden Kosten decken zu können. Diese Einnahmen sind daher ein unerlässlicher Baustein der laufenden Kostenstruktur, um den Betrieb mit den festen und freien Mitarbeitern und das Überleben der Kulturstätten sicherstellen zu können.

Im Gegensatz zu anderen, auch öffentlich geförderten Einrichtungen wie z.B. Theatern und Museen, liegen die Eigenmittelquoten bei 50 – 70%. Der drohende Verlust von Einnahmen durch angeordnete Schließungen oder durch Empfehlungen auf allen Ebenen Club und Veranstaltungsorte nicht mehr zu besuchen, führen zu fast unkalkulierbaren (Dauer der Schließung) Mindereinnahmen.

Des Weiteren stellt sich den Mitgliedern aktuell die Frage, ob darüber hinaus mit zuwendungsrechtlichen Problemen und finanziellen Konsequenzen zu rechnen ist, wenn es bedingt durch das Corona-Virus zu Absagen und Projektausfällen kommt. Hierbei sind insbesondere die Anteilsfinanzierung und Projektförderung problematisch.

Aktuell herrscht große Verunsicherung aufgrund bisher nicht klarer Anweisungen der zuständigen, kommunalen Gesundheitsämter im Sinne des Infektionsgesetzes. Hier ist eine sofortige Klarstellung / einheitlicher Erlass dringend geboten. Zum Teil abgeschlossene Veranstaltungsausfallversicherungen oder Geschäftsausfallversicherungen greifen ohne Erlass nicht. Eine Empfehlung hilft hier nur dem Land Brandenburg.

Wir haben von Mitgliedern bereits die Ankündigung erhalten, dass innerhalb der nächsten 4 Wochen Insolvenzen drohen. Aus diesem Grund benötigen wir kurzfristig und unbürokratisch Zugang zu etwaigen Hilfsfonds. Wir erheben in den nächsten Tagen entsprechende Zahlen in den soziokulturellen Einrichtungen und ebenso bei den betroffenen Festivals, die wir Ihnen schnellstmöglich zur Verfügung stellen.

Auch für den popularmusikalischen Festivalbereich kündigen sich schwere Verwerfungen an: Alle Veranstalter, die in Brandenburg fast ausnahmslos aus dem kleinen bis mittelständischen Bereich kommen, sind mitten in der Vorbereitung der Sommerfestivals. Die meisten sind bereits für die Reservierungen und Anzahlungen notwendiger Infrastruktur in finanzielle Vorleistung gegangen, mit teils hohen, fünfstelligen Summen. Der für Brandenburg immer relevanter und mit großen Mühen aufgebaute Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft, mit ihren starken sozialen und touristischen Auswirkungen in Brandenburger Städten und Gemeinden im ländlichen Raum, ist im Kern bedroht, wenn sich die Corona-Virus-bedingten Absagen bis in den Sommer hineinziehen werden. Sehr viele Veranstalter werden die Absagen ihrer Festivals nicht überleben können.

Letztendlich werden auch für freischaffende Künstler*innen und spezialisierte, eigenständige Dienstleister durch abgesagte Veranstaltungen die eingeplanten Einnahmen ersatzlos wegfallen. Um diese existenzbedrohende Situation der kleinen und mittelständischen Kultur- und Kreativbetriebe aufzufangen, benötigen wir folgende Instrumente:

1. Die Berücksichtigung der Soziokultur- und Festivalveranstalter im Rahmen von finanziellen Hilfsmaßnahmen (sogenannte Feuerwehrtöpfe)

2. die Einrichtung eines Ausfallfonds für (Konzert-/ Festival-) Veranstaltungen (eventuell Umwidmung bestehender Positionen)

3. die Stundung von Steuervorauszahlungen und Krankenkassenbeiträgen

4. Übernahme von Ausfallbürgschaften

5. Mietkostenzuschüsse für die Veranstaltungsorte

6. Unbürokratisches Kurzarbeitergeld

7. Zinslose Darlehen zur .berbrückung von Finanzierungslücken

Gern stehen wir kurzfristig für ein vertiefendes Gespräch zur aktuellen Situation zur Verfügung und bitten darum, dass unser Hilferuf gehört und zu einer Stabilisierung der Situation mitführt.

Mit freundlichen Grüßen
Marc Wohlrabe

Geschäftsführung
LAG Soziokultur Brandenburg
Landesverband für Soziokultur, Popularmusik und Festivals

 

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