Offener Brief an die kultur- und haushaltspolitischen Sprecher*innen der Brandenburger Fraktionen

Veröffentlicht am: 27. März 2020

Bedarfsanforderung: Corona-Virus bedroht Existenzen von Betreiber*innen  Soziokultureller Zentren, (Festival)Veranstalter*innen und Kulturschaffenden

 

Sehr geehrte kultur- und haushaltspolitische Sprecher*innen der Fraktionen,

mittlerweile ist ein erstes Soforthilfeprogramm über die ILB gestartet. Es ist sehr positiv zu bemerken, wie schnell in der Politik reagiert wurde, dieses aufzubauen.

 

Es zeigt sich aber nun in der Praxis die Schwierigkeit, die Heterogenität der Kulturakteur*innen in Brandenburg mit den aktuellen Fördermodalitäten des ILB-Programms zu erfassen. Die aktuelle Ausrichtung auf eine rein wirtschaftliche Tätigkeit berücksichtigt nach aktuellem Stand sehr viele Akteur*innen der Kulturszene leider nicht. Aus diesem Grund führten und führen wir wöchentliche Gespräche mit dem MWFK, um den aktuellen Notstand in den von uns vertretenen Kultureinrichtungen zu spiegeln. Diese Akteur*innen aus der Soziokultur trugen und tragen maßgeblich und ganzjährig zum Reichtum an Diversität sowie komplexen und niederschwelligen Kulturangeboten im Land Brandenburg bei. Zudem entwickeln Festivals für sich Perspektiven als temporäre soziokulturelle Zentren im ländlichen Raum.

Wie in der wöchentlichen Verbände-/Staatssekretär-Telefonkonferenz am Mittwoch den 25.3.2020 festgestellt wurde, greift der derzeitige Rettungsschirm „Soforthilfe Corona Brandenburg“ der ILB nicht für eine Vielzahl unserer gemeinnützig-agierenden Akteur*innen aus dem Bereich Soziokultur, Popularmusik und Festivals im Land Brandenburg. Wir als LAG Soziokultur vertreten u.a. gemeinnützige Vereine, (die u.a. Musikspielstätten und Zentren betreiben), sowie Festivals, die auf ehrenamtlicher und/oder gemeinnütziger Basis arbeiten und veranstalten. Diese bilden die Basis für ein Festivalland Brandenburg.

Die gemeinnützig arbeitenden Soziokulturellen Zentren müssen eine Eigenmittelerwirtschaftungsquote von 50-70% erreichen, um als Kulturbetrieb ihrer Art überleben zu können. Gleichzeitig ist es den Häusern und Trägern nicht erlaubt, aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit Rücklagen und Reserven zu bilden. Somit sind zu Ende April die meisten ohne weitere Einnahmen insolvenz-gefährdet. Für das erste ILB-Rettungspaket gilt: Vereine müssen den wirtschaftlichen Zweckbetrieb nachweisen können. Es muss zudem eine Gewerbeanmeldung vorliegen, Ausgaben im Rahmen des wirtschaftlichen Zweckbetriebs müssen getrennt gebucht werden und nur die Ausgaben, die zu dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gehören, dürfen über diese Zuschüsse abgedeckt werden.

Die von uns initiierten Blitzumfragen der letzten Woche haben Folgendes ergeben:

Im Bereich Soziokultur haben die 42 Rückmeldungen von Zentren, Spielstätten und Akteur*innen ergeben, dass der bereits entstandene Schaden derzeit bei 390.000 € liegt. Der zu erwartende Schaden durch den Corona-Virus wird durch die Befragung auf insgesamt 1.338.700 € in 2020 eingeschätzt, vorausgesetzt die Schließungen dauern nicht länger als momentan angekündigt.

Im Bereich der Festivals haben sich insgesamt 44 Veranstalter*innen an der Umfrage beteiligt. Darunter haben über die Hälfte der Veranstalter*innen angegeben, ehrenamtlich und/oder auf gemeinnütziger Basis zu arbeiten. Den erwarteten Ausfallschaden in 2020 betiteln die 24 ehrenamtlich/gemeinnützig arbeitenden Festivals auf derzeit 789.870 €.

 

Damit ergibt sich ein zu erwartender Gesamtbedarf von rund 2.2 Mio. € für den Bereich Soziokultur, Popularmusik und Festivals im Land Brandenburg durch die Corona-Krise, den wir mit Ihrer Unterstützung beim Ministerium der Finanzen und für Europa anmelden möchten, um diese Infrastruktur des Landes Brandenburg nach der Corona-Krise wenigstens zu erhalten.

Wir bitten Sie, diese Summe bei den nächsten Rettungspaketen und nachträglichen Haushaltsverhandlungen mit zu berücksichtigen und die entsprechenden Bestrebungen des MWFK im Hinblick auf ein solches Kultur-Rettungspaket zu unterstützen. Das MWFK hat den oben beschriebenen Bedarf anerkannt, ist aber nicht in der Lage diesen mit den aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln zu decken.

Sollten Sie weitere Zahlen oder ein vertiefendes Gespräch, gern auch per Telefonkonferenz wünschen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen

der Vorstand der LAG Soziokultur Brandenburg

Marc Wohlrabe, Geschäftsführung

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